Diese 5 Fehler machen Mediaagenturen bei Facebook Werbeschaltungen

Rainer Kienboeck
20.1.2021
Minuten Lesezeit

Leider wird Facebook Werbung von vielen Mediaagenturen noch immer sehr stiefmütterlich und wie klassische Display Werbung behandelt. Diese Herangehensweise ist jedoch oftmals fatal und führt dazu, dass jedes Jahr Unmengen an Marketingbudgets ins Leere laufen.

Dies ist gerade auf Facebook schade, das im Moment der effizienteste Werbekanal für viele Unternehmen ist und sein könnte. Umso wichtiger ist es, zumindest die häufigsten Fehler im Reporting bzw. im Optimalfall vor dem Kampagnenstart erkennen zu können.

Schlecht gewählte Optimierungsziele

Die wohl historisch häufigst eingesetzten Optimierungsziele waren Page Likes, Engagement und Traffic. Genau bei diesen handelt es sich jedoch mittlerweile im Normalfall um die schlechtest mögliche Wahl.

Page Likes sind nicht mehr relevant als Zielsetzung, da die Rechnung dahinter nicht mehr aufgeht. Es ist durch die geringe organische Reichweite mittlerweile deutlich günstiger einfach die Zielgruppe hundertfach per Werbung zu erreichen, als diese als Fans zu gewinnen, um sie dann organisch zu erreichen.

Engagement war lange Zeit die Optimierung der Wahl für Contentbewerbung, jedoch optimiert diese Zielsetzung auf die falsche Zielgruppe. Bei Wahl dieser Optimierung sehen in erster Linie die 20-30% der Nutzer die Werbung, die gerne und viel mit Posts interagieren. Diese sind jedoch oftmals nicht die hochwertigste und kaufstärkste Zielgruppe.

Traffic-Kampagnen mit Optimierung auf Link Clicks, sind nur dann eine Option, wenn kein Facebook Pixel eingesetzt werden darf. Wenn der Pixel implementiert ist, sollte immer auf eine relevante Conversion auf der Webseite optimiert werden oder zumindest auf Landing Page Views, die sicherstellen, dass die Nutzer, für die man zahlt, sich nicht nur verdrückt haben, sondern tatsächlich auf der Webseite ankommen.

Gute Optimierungsziele hingegen sind z.B. Conversions, Video Views und Reichweite.

Falsche Zielgruppengröße

Die Zielgruppe in einer Kampagne sollte sich immer nach dem verfügbaren Budget, dem Optimierungsziel und der gewünschten Frequenz oder Maximalfrequenz richten. Das ist deshalb wichtig, da sonst einerseits der Algorithmus keine gute Arbeit leisten kann und andererseits die Kosten bei der Ausspielung explodieren, wenn zu viel Budget auf eine zu kleine Zielgruppe geht.

Zwei Fälle, um diese Entscheidungen zu illustrieren:

Fall 1 – Performance Marketing

Es gibt ein nach oben hin offenes Budget für Performance Marketing und schon im Pilot sollen mindestens 10.000 € pro Monat für den österreichischen Markt investiert werden. Optimiert wird direkt auf Käufe im eigenen Online Shop und die durchschnittliche Frequenz soll 4 nicht übersteigen, da aus Markenperspektive Nutzer nicht zu stark überspielt werden soll. Um die richtigen Zielgruppengrößen zu definieren, beginnen wir mit einer einfachen Rechnung:

Wenn wir 5 € CPM/TKP zahlen, können wir mit 10.000 € im Monat circa 2.000.000 Impressionen erzielen. Bei einer Frequenz von 4 würde das 500.000 Personen/Reichweite bedeuten.

Weiters optimieren wir auf Käufe und wollen dem Facebook-Algorithmus Raum geben, um Leute zu finden, die gerne und viel in unserer Kategorie online einkaufen. Daher wollen wir mindestens 3-4 mal mehr Personen in der Zielgruppe haben als wir erreichen können.

Das bedeutet, dass wir 1,5-2 Mio Personen im Targeting benötigen. Das bedeutet in Österreich, dass wir effektiv ein sogenannte Control-Zielgruppe benötigen, die nur auf Alter und Sprache beschränkt ist. Zusätzlich können wir große 10% Lookalikes und breite Interessenszielgruppen in die Kampagne geben.

Fall 2 – Stellenausschreibung

Wir haben 200 €, um eine offene Stelle zu bewerben, die im Raum Wien ausgeschrieben wurde. Die Frequenz soll 2 nicht übersteigen, da wir viele Personen erreichen wollen. Die Optimierung ist Reichweite, da nur ein Bild mit Text beworben werden soll und keine Webseite zur Verfügung steht.

Wenn wir wiederum 5 € CPM/TKP zahlen, können wir 40.000 Impressionen erzielen. Bei einer Frequenz von 2 bedeutet das, dass wir lediglich 20.000 Personen erreichen werden.

Wien hat aber deutlich mehr Facebook-Nutzer und die Optimierung auf Reichweite hilft uns auch nicht die richtigen Personen zu finden, da hierbei Facebook nur auf Quantität optimiert.

Deswegen wählen wir in diesem Fall kleine Interest-Zielgruppen z.B. Personen mit gewissen relevanten Jobtiteln. Wir kombinieren so Zielgruppen von ein paar tausend Personen bis zu ein paar zehntausend in unserer Kampagne.

Zu wenig Creatives und Variationen

Creatives machen mittlerweile deutlich über 60% des Erfolgs einer Kampagne aus und umso mehr die Werbeschaltungen automatisiert werden, umso stärker wird deren Bedeutung.

Wer glaubt, schon vorab zu wissen, was die eigene Zielgruppe sehen und hören will, wird im Performance Marketing oft eines besseren belehrt. Nicht selten gewinnt jene Variante, an die niemand geglaubt hat.

Gute Performance-Kampagnen brauchen daher konstant eine große Menge an unterschiedlichen Creatives, Headlines und Texten. Nur so kann der Algorithmus wirklich das Maximum herausholen – und das zahlt sich aus.

Wenn statt einem einzelnen Creative zehn produziert werden, funktioniert das beste Creative oft drei bis vier Mal so gut wie der Durchschnitt. Das bedeutet, wenn man z.B. 2.500 € Mediabudget und zehn Creatives einsetzt, erreicht man durch die höhere Anzahl an Creatives gleich viele Resultate wie mit einem einzelnen Creative bei 10.000 € Mediabudget.

Audience Network als Platzierung

Am häufigsten passiert dieser Fehler bei Werbung, die Link Clicks als Ziel hat. Dort wird oft das Audience Network als Platzierung mitgenommen, wodurch die Ad außerhalb der Facebook Apps ausgespielt werden. Die Platzierung dort ist zwar sehr günstig und erzielt viele Klicks, jedoch zeigen Erfahrungswerte, dass diese Klicks oft sehr schlecht performen und kaum konvertieren bzw. sofort wieder abspringen.

Für die meisten Kampagnen sollte das Audience Network nicht gewählt werden. Noch schlimmer ist es, wenn das Audience Network mit allen anderen Platzierungen kombiniert wird. Dann passiert es oft, dass fast alle Werbung dort ausgespielt wird. Der Kunde glaubt zwar Werbung auf Facebook bekommen zu haben, aber im Endeffekt ist kaum Werbung auf Facebook selbst gelaufen. Wenn die Platzierungen im Reporting nicht ersichtlich sind, dann ist es oft am günstigen CPM von unter 1 € zu erkennen.

Das Audience Network ist nur dann als Option zu empfehlen, wenn z.B. direkt auf das wichtigste Ziel – wie im E-Commerce auf Käufe optimiert wird – und Brand Safety keine starke Rolle spielt.

Micromanagement von Kampagnen

Nicht nur Mitarbeiter kann man zu viel micromanagen sondern auch Kampagnen. Während früher der größte Aufwand in der Optimierung lag, liegt er heute in der Kampagnenstrukturierung und den Creatives.

Wenn die Optimierung einer Kampagne richtig eingestellt ist, richtet man mit zu frühzeitigen Änderungen oft mehr Schaden als Nutzen an. So sollte man (je nach Tagesbudget und Größe der Zielgruppe) Conversion-Kampagnen zumindest 3-4 Tage laufen lassen, bevor man eine Entscheidung trifft, da der Algorithmus Zeit benötigt, um die richtigen User zu finden.

Genauso sollte man Zielgruppen nicht zu oft auf- und abdrehen. Gerade bei der automatischen Kampagnebudgetoptimierung ist es meist die richtige Wahl eine Zielgruppe laufen zu lassen, auch wenn diese schlechtere Resultate aufweist.

Oft werden z.B. in Kampagnen kleine und feine Zielgruppen mit großen und breiten Zielgruppen gemischt. Nach 2 Tagen sieht es dann so aus, als würden die kleinen Zielgruppen, weil sie genauer sind, besser funktionieren und ein übereifriger Marketer dreht die großen Zielgruppen ab.

Was danach passiert, wird jedoch nicht mitbedacht: Immer mehr Budget geht auf eine kleine Zielgruppe, die überspielt wird, und die Kosten steigen rasant. Im Durchschnitt wäre es deutlich besser gewesen alle Zielgruppen aktiv zu lassen.

Fazit

Als wir diesen Artikel das erste Mal vor knapp 3 Jahren veröffentlicht haben, waren die Punkte gänzlich andere als in der heutigen Version. Manche Tipps von damals haben sich nun ins komplette Gegenteil verkehrt, da der Algorithmus von Facebook große Sprünge nach vorne gemacht hat.

Auch die Gewichtung hat sich dabei stark verändert: Vor 3 Jahren lag der Fokus noch stark auf der Optimierung und Zielgruppenwahl, heute viel mehr auf den Creatives, der Wahl der Optimierung und der Kampagnenstruktur.

Deshalb gilt auch heute mehr denn je, dass ein guter Performance Marketer nur so gut ist, wie seine letzte Kampagne. Wissen überholt sich in diesem Bereich rasant, deshalb legen wir in unserer Agentur einen enormen Schwerpunkt auf ständige Weiterbildung und Experimentation.

Fazit

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