Social Media-Reportings: Auf diese KPIs musst du achten

Rainer Kienboeck
20.1.2021
Minuten Lesezeit

Die fehlende Messbarkeit in klassischer Werbung hat zu fast blindem Glauben im Bereich Performance Marketing geführt. Man freut sich so sehr über harte Umsatzdaten, dass man die Grundlage oft nicht wirklich hinterfragt. Wir haben für euch zusammengefasst, worauf ihr achten müsst, damit die Daten wirklich valide sind.

First things first - Transparenz

Die Grundlage für jede erfolgreiche Zusammenarbeit ist Transparenz. Ein Zeichen jeder guten Agentur ist, dass diese kein Problem damit hat, Zugriff auf das jeweilige Werbekonto zu geben. Ein Reporting, ohne die Möglichkeit die Grunddaten zu überprüfen, kann als reine Fiktion betrachtet werden. Zu viel Schindluder durften wir schon bei Audits für Kunden aufdecken.

Vollkommene Transparenz schafft eine gemeinsame ehrliche Basis, wo sich niemand hinter Powerpoint-Folien verstecken kann, sondern nur der gemeinsame, echte Erfolg zählt. Deswegen empfehlen wir Kunden in allen Werbebereichen nur mit Partnern zu arbeiten, die Transparenz gewähren und nicht versuchen, etwas zu verstecken.

Inkrementelle Käufe

Nicht jeder Kauf, der einer Werbemaßnahme zugeordnet wird, ist tatsächlich inkrementell. Das heißt, dass der Kauf nicht ohnehin (auch ohne Werbung) zum gleichen oder einem späteren Zeitpunkt entstanden wäre. Offline ist dies z.B. bei großen Rabattaktionen ein Thema, wo die Wissenschaft zeigt, dass viele dieser Käufe ohne Aktion zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt wären (und das zum Regelpreis).

Nur, weil jemand eine Werbung sieht, darauf klickt und kauft, heißt es eben nicht, dass er nicht sonst auch gekauft hätte. Dankenswerterweise gibt es aber Wege um herauszufinden, auf welchen Anteil der Käufe das zutrifft.

1. Conversion Lift Studies

Bei Conversion Lift Studien auf Facebook wird die Kampagnenzielgruppe segmentiert. Eine Kontrollgruppe bekommt im Untersuchungszeitraum keine Werbung ausgespielt. Danach wird der Anteil der Käufer zwischen den Gruppen untersucht.

Hier kommen oft überraschende Ergebnisse zu Tage: Vom denkbar schlechtesten Fall, dass kaum inkrementelle Käufe erzielt wurden, bis zum Best Case, wenn gezeigt wird, dass selbst reine Ad Impressions (ohne Klick auf die Werbung) zu inkrementellen Käufen geführt haben. Für Conversion Lift Studie bedarf es eines Mindestbudgets, das je nach Land unterschiedlich ist und beim jeweiligen Facebook Partner Manager erfragt werden kann.

2. A/B-Test mit Holdout

Hinter dieser Methodik steckt das gleiche Prinzip, jedoch sind sie auch mit kleineren Budgets umsetzbar. Wieder wird die Zielgruppe segmentiert und eine Kontrollgruppe definiert, die keine Werbeanzeigen zu sehen bekommt. Die statistische Aussagekraft dieser Methode ist geringer als bei einer Conversion Lift Study, aber trotzdem bekommt man einen guten Überblick über die Effektivität der Werbemaßnahmen.

Attributionsfenster

Jede Plattform misst Käufe unterschiedlich. Das wichtigste Merkmal ist das Attributionsfenster, das man wiederum in View- und Click-Attribution trennen kann. Bei der View-Attribution werden der Werbung alle Käufe zugeordnet, bei der die Werbeanzeige zuvor gesehen (aber nicht notwendigerweise geklickt) wurde. Bei der Click-Attribution werden nur jene Käufe zugeordnet, wo auch ein Klick auf die Werbeanzeige passiert ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Klick sofort in den Shop, Warenkorb und zum Checkout geführt hat. Der Kauf kann auch zeitlich nachgelagert geschehen.

Hier kommt das Attributionsfenster ins Spiel, das den Zeitraum definiert, wie lange ein Kauf nach dem Sehen oder Klicken einer Werbung noch zugerechnet wird. Die Plattformen haben hier unterschiedliche Fenster zur Auswahl. Bei Facebook kann man beispielsweise zwischen 1, 7 und 28 Tagen auswählen.

Ein kurzes Fenster ist nicht per se richtig, denn bei vielen Produkten überlegen Konsumenten oft länger bevor sie kaufen. Reisen sind z.B. ein Fall, wo der Entscheidungszeitraum erfahrungsgemäß um die 14 Tage beträgt.

Jedoch sollte man sich als Kunde immer das Fenster schriftlich bestätigen lassen (und nachkontrollieren), sowie regelmäßig den Breakdown anschauen. Sind z.B. kaum Käufe nach Klicks erfolgt und die Käufe nach Views gleichmäßig über 28 Tage verteilt, deutet das daraufhin, dass kaum inkrementelle Käufe generiert wurden.

Tipp: Plattformübergreifend mit Attributionsmodellen arbeiten, die einen Kauf auf mehrere Werbekontakte verteilen können, dazu aber mehr in einem zukünftigem Artikel.

Retargeting ist ein Hund

Es gibt kein erfolgreiches Performance Marketing ohne Retargeting, jedoch gibt es auch kaum etwas, das so oft missbräuchlich verwendet und ausgewiesen wird, um Performance Marketer gut aussehen zu lassen.

Es ist schlicht einfacher und günstiger jemand zum Kauf zu bewegen, der schon auf der Webseite war und ein Produkt angesehen hat, als jemand, der die Marke noch nicht einmal kennt. Das Problem dabei: wer bereits auf der Webseite war, hätte mit gewisser Wahrscheinlichkeit ein Produkt auch ohne zusätzliche Werbeausspielung mittels Retargeting gekauft.

Deswegen sollte immer darauf geachtet werden, welcher Anteil der Käufe über Retargeting kommt bzw.über Conversion Lift Studien oder A/B-Tests mit Holdout der echte inkrementelle Wert gemessen werden.

Genauer hinschauen sollte man, wenn fast alle Käufe über Retargeting kommen und fast nichts über das Prospecting (Ansprache neuer Zielgruppen). In einzelnen Setups kann das gewollt sein, aber es ist auf jeden Fall auffällig. Ist man sich nicht sicher, sollte man im Reporting die Agentur bitten, beide Werte getrennt auszuweisen.

Zusatztipp Google

Aktuell rollen wir ausschließlich für Bestandskunden ein High-End Google Ads-Programm aus. In diesem Bereich tritt bei Audits oft folgender klassischer Fall zu Tage: Käufe, die nach Suchen der eigenen Markenbegriffe entstehen, sind fast nie inkrementell. Bei einer Marke, die dachte, auf Google erfolgreich zu sein, fanden wir heraus, dass nahezu alle Käufe über solche Begriffe kamen und damit kaum je ein zusätzlicher Kauf erzeugt wurde.

Dadurch, dass Google eher bedarfsdeckend funktioniert (anders als Social Media, das eher bedarfsweckend ist) muss man doppelt aufpassen. Typischerweise wird der Effekt von Google überschätzt, da es der letzte Schritt in der Customer Journey ist. Budgets werden somit überproportional einem Kanal allokiert, der anteilsmäßiger weniger inkrementelle Käufe bringt. Das hängt aber natürlich sehr vom betroffenen Shop ab und ist jeweils einzeln zu evaluieren.

Fazit

Performance Marketing ist ein essentieller Bestandteil jeder Marketingstrategie, doch nur weil etwas messbar ist, heißt es nicht, dass auch das Richtige gemessen wird.

Für Kunden ist es essentiell selbst ein Verständnis aufzubauen, um etwaige Dienstleister bewerten zu können und die richtigen Budgetentscheidungen zu treffen. Denn die Budgetverteilung sollte so gestaltet sein, dass jene Kanäle stärker berücksichtigt werden, die inkrementelle Käufe bringen und somit für Zusatzumsatz sorgen.

Fazit

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